Kollokationen sind als Formen des gebundenen Sprachgebrauchs in jeder Sprache allgegenwärtig. Sie sind idiomatische, erwartbare Wortzweierverbindungen, die es erlauben, Sachverhalte wie ein Muttersprachler auf den Punkt zu bringen. Fremdsprachenlerner verfügen oftmals über ein zu geringes Wissen über deren Kombinierbarkeit, so dass Kollokationen besonders für Übersetzer und Dolmetscher beim Arbeiten in die Fremdsprache eine Problemgröße darstellen. Während dem Übersetzer eine Vielzahl von lexikographischen Hilfsmitteln zur Verfügung stehen, ist der Dolmetscher einzig und allein auf seine Sprachkompetenzen angewiesen. Die vorliegende Arbeit widmet sich genau diesem Dilemma. Im Zentrum der Untersuchung steht die Frage, wie Dolmetscher mit Kollokationen im Simultandolmetschprozess bei der Arbeitsrichtung Deutsch-Englisch umgehen. Dabei wird die Verdolmetschung von Kollokationen vor dem Hintergrund von Daniel Giles Dolmetschmodell theoretisch dargestellt und dann anhand eines eigens erstellten Sprachkorpus praktisch untersucht. Dolmetschstrategische Überlegungen werden dabei ebenso berücksichtigt wie die Beziehung zwischen Kollokationen und der Strategie der Antizipation. Mit dieser Arbeit wird die Kollokationsforschung auf die Dolmetschwissenschaft ausgeweitet und ein Schritt hin zu einer systematischen Untersuchung von Kollokationen im Dolmetschprozess unternommen.
140 S., 40 Abb. u. Tab.
Inhaltsverzeichnis
1 Gegenstand und Zielsetzung der Arbeit 4
2 Die Arbeit im Kontext der Kollokationsforschung am Seminar für Übersetzen und
Dolmetschen 7
3 Der Kollokationsbegriff nach Hausmann 9
3.1 Kollokationen 9
3.2 Ko-Kreationen 10
3.3 Konter-Kreationen 10
3.4 Pseudokombinationen 11
3.5 Hierarchische Beziehung 12
3.6 Typologie der Kollokationen 12
4 Zur Auswahl der Kollokationen in dieser Arbeit 13
4.1 Gegenseitige Affinität: zwei Kriterien 13
4.1.1 Kriterium 1: Der Kollokationsradius 14
4.1.2 Kriterium 2: Das Häufigkeitsprinzip 14
4.2 Kriterium 3: kompositionelle Bedeutung 17
4.3 Kriterium 4: Einordnung in die Typologie Hausmanns 18
4.4 Abgrenzung von Pseudokombinationen 19
5 Der dolmetschtheoretische Ansatz von Daniel Gile 20
5.1 Automatic und nonautomatic operations 20
5.2 Drei Hauptkomponenten 21
5.2.1 Zuhören und Analyse: Die Verständnis-Komponente 21
5.2.2 Produktion: die Output-Komponente 23
5.2.3 Die Gedächtnis-Komponente 24
5.2.4 Die Koordinierungs-Komponente 25
5.3 Probleme im Zusammenhang mit der Verarbeitungskapazität 26
5.4 Problem triggers 28
5.5 Folgen kognitiver Überforderung 30
5.6 Kritik an Giles Verarbeitungsmodell 30
6 Kollokationen im Übersetzungsprozessprozess 32
6.1 Kollokationen als Problemgrößen des Dolmetschens 32
6.1.1 Die Rezeptionsphase 33
6.1.2 Die Produktionsphase 34
6.2 Die sprachlich angemessene Verdolmetschung von Kollokationen 36
6.3 Möglichkeiten des Dolmetschers im Umgang mit Kollokationen 37
6.3.1 Kollokation Kollokation 37
6.3.2 Kollokation Ko-Kreation 37
6.3.3 Kollokation Paraphrase 38
6.3.4 Kollokation Vereinfachung 39
6.3.5 Kollokation Substitution 40
6.4 Fehlerhafte Übertragung von Kollokationen 41
7 Ein Exkurs: Qualitätskriterien beim Dolmetschen 42
7.1 Kundenorientierte Sichtweise 42
7.2 Dolmetscherorientierte Sichtweise 43
7.3 Untersuchungen von Bühler und Kurz 44
7.4 Untersuchung von Moser 46
7.5 Konsequenzen für das Dolmetschen von Kollokationen 49
7.5.1 Formulierungsfreiheit und sinngemäße Wiedergabe 49
7.5.2 Kollokationen als Teile des idiomatischen Sprachgebrauchs 50
8 Vorgehensweise bei der Korpuserstellung 52
9 Vorgehensweise bei der empirischen Untersuchung 54
9.1 Kollokationen der Originalreden 54
9.2 Gegenüberstellung der Kollokationen und Verdolmetschungen 57
10 Korpusanalyse Kollokationen 62
10.1 Ausgangssprachliche Kollokationen 63
10.2 Gesamtbetrachtung 64
10.2.1 Kollokation Kollokation 68
10.2.2 Typwechsel 68
10.2.3 Fehlerhafte Verdolmetschung 69
10.3 Untersuchung nach Kollokationstypen 70
10.3.1 Typ 1 70
10.3.2 Typ 2 71
10.3.3 Typ 3 73
10.3.4 Typ 4 74
10.3.5 Typ 6 75
10.4 Abweichungen vom Mittelwert 75
10.4.1 Typ 1 76
10.4.2 Typ 2 77
10.4.3 Typ 3 78
10.4.4 Typ 4 78
10.4.5 Typ 6 79
11 Antizipation 81
11.1 Grundlegende dolmetschstrategische Prozesse 81
11.1.1 Erweitern der Décalage 82
11.1.2 Verringern der Décalage 82
11.1.3 Segmentierung 83
11.1.4 Antizipation 84
11.1.4.1 Pure anticipation 85
11.1.4.2 Free-wheeling anticipation 86
11.2.1 Antizipation bei Gile: Linguistische Antizipation 87
11.2.2 Antizipation bei Gile: Außerlinguistische Antizipation 87
12 Kollokationen und Antizipation 88
13 Untersuchung ausgewählter Kollokationen auf Antizipation 90
13.1 Satz 1 91
13.2 Satz 2 95
14 Zusammenfassung und Ausblick 99
15 Quellen 101
15.1 Sekundärliteratur 101
15.2 Internetadressen 103
15.3 Wörterbuchverzeichnis 103
15.4 Abbildungsverzeichnis 104
15.5 Tabellenverzeichnis 105
16 Anhang 106
16.1 Prüfungsrede 1 106
16.2 Prüfungsrede 2 111
16.3 Verdolmetschung 1-1 116
16.4 Verdolmetschung 1-2 120
16.5 Verdolmetschung 1-3 124
16.6 Verdolmetschung 2-1 128
16.7 Verdolmetschung 2-2 132
16.8 Verdolmetschung 2-3 136